Verschwörungen – Mythos oder Realität?

Das Internet ist voll davon: Geschichten von Leuten, die eine Verschwörung aufgedeckt haben wollen. Ob es nun die vermeintlich wahren Hintergründe des 11.9.-Attentats in New York geht, um heimliche Vergiftung der Bevölkerung oder der Unter­wanderung durch Außerirdische geht – stehts finden sich Menschen, die meinen, darüber Bescheid zu wissen. Manches klingt spinnert, manches scheint zu lohnen darüber nachzudenken, ob nicht etwas dran sein könnte.

Verschwörungen sind beileibe nichts Ungewöhnliches, es hat sie zu allen Zeiten gegeben. Eine Verschwörung ist das heimliche Zusammenarbeiten zum Erreichen eines Ziels, das nicht zu erreichen wäre, wenn man offen handeln würde. Königsmord, Putsch, Ausschalten von Konkurrenten, Markt­­beherrschung, das sind in aller Regel konkrete und eng umrissene Ziele, die Verschwörer verfolgen. Ebenso gab es immer Geheim­gesellschafen, die sich der Verfolgung solcher Ziele verschrieben: Mafia oder militärische und inner­staatliche Netzwerke (Beispiele: Hitler-Attentäter, »Schwarze Hand«). Doch genauso gab es schon immer Widersacher, Verräter und unzu­verlässige Mitwisser, daher kommen diese Aktivitäten immer früher oder später ans Licht, in der Regel spätestens dann, wenn die Verschwörer ihr Ziel erreicht haben oder sein Erreichen und damit auch seine Geheimhaltung aus anderen Gründen unwichtig geworden ist.

Darüber hinaus gibt es einen Graubereich mehr oder weniger informeller Elitennetzwerke, verdeckt arbeitender Lobbygruppen, Seilschaften und Inter­essen­verbände [1], mehr oder weniger geheimer Absprachen, Intrigen, der Beeinflussung von Entscheidungsträgern, von politisch-medial-industriellen Kom­plexen und von Geheim­diplomatie bis hin zu ganz gewöhnlicher organisierter Kriminalität — die Abgren­zung zu einer ausgewachsenen Verschwö­rung ist freilich nicht immer einfach trennscharf zu treffen.

Es ist begrifflich zwischen der Verschwörung einerseits und der Verschwörungstheorie zu unterscheiden: Eine Verschwörungstheorie (oder besser: Verschwörungsmythos) ist die Behauptung von an der Verschwörung unbeteiligten, über die Existenz einer solchen Verschwö­rung, über die Verschwörer und ihre Ziele und Zusammenhänge Aussagen machen zu können. Sie sind der Versuch, bestimmte, als undurchsichtig oder bedrohlich empfundene Zustände oder Entwicklungen durch die Existenz einer Verschwörung zu erklären.

Doch: nicht alles, was abenteuerlich und unwahrscheinlich klingt, ist deswegen unmöglich. Nicht alles, was wie eine Verschwörungstheorie klingt, ist auch eine. Daß es die behauptete Verschwörung tatsächlich gibt, ist grundsätzlich möglich. In diesem Beitrag geht es jedoch darum, den Charakter einer Verschwörungstheorie herauszustellen und Methoden aufzuzeigen, die Glaubhaftigkeit von verschwörungs­­­theoretischen Aussagen einzu­schätzen.

Was ist der Reiz an Verschwörungstheorien?

Der Glaube an Verschwörungstheorien ist für den, der ihm anhängt, offenbar außerordentlich attraktiv, und zwar aus mehreren Gründen.

Erstens: Es schmeichelt dem eigenen Ego ganz gewaltig, etwas zu wissen, was andere nicht sehen, Einsichten zu haben, die andere ignorieren und ein vermeintlich tieferes Verständnis rätselhafter Geschehnisse zu besitzen. Es erhebt einen über den unwissenden Rest und hebt mithin die Bedeutung der eigenen Person.

Zweitens: es ist Expertentum, das nicht nur die Bedeutung der eigenen Person hebt, sondern darüber hinaus auch eins, das billig zu haben ist. Da wissenschaftlich belastbare Beweise fehlen, muß man sich nicht gegen eine Fachwelt durchsetzen. Es läßt sich vielmehr sogar der Widerstand gegen die eigenen Thesen als Beweis für ihre Stichhaltigkeit werten. Alles, was man braucht, ist ein Internetzugang und ein Übermaß an freier Zeit; hilfreich ist auch eine Neigung zum Obszessiven. So bekunden Verschwörungstheoretiker oft gerne, sich mit nichts anderem zu beschäftigen. Nun sind allerdings Verschwörungsgläubige keineswegs dumm; im Gegenteil, einen Wahnglauben gegen die Anfechtungen aller Evidenz aufrecht zu erhalten, erfordert durchaus ein hohes Maß an Intelligenz.

Es mag, drittens, auch als Motiv eine Rolle spielen, daß der Glaube an eine Verschwörungstheorie es erlaubt, die Verantwortung für vermeintliche oder tatsächliche Übel in eine Sphäre zu verschieben, die der eigenen Einflußmöglichkeit und damit gegebenen­falls auch der eigenen Verantwortung entzogen ist. Es ist selbst­verständlich sehr viel einfacher, den Quell des Unheils beispiels­weise bei den »Bilderbergern«, den Freimaurern oder »dem Juden« oder den USA zu verorten, als sich mit der Komplexität der Welt zu befassen, es befriedigt aber als Erklärung letztlich nicht.

Viertens sträubt sich der Mensch gegen die Annahme, daß gewichtige, komplexe und einschneidende  Ereignisse banale Ursachen haben können. Es muß, was als Ereignis gewaltig und bedeutend ist, auch gewaltige und bedeutende Ursachen haben. Alles andere erzeugt ein Gefühl der Ohnmacht; es erscheint unbefriedigend, sogar traumatisierend und schwer erträglich, daß das, was als einschneidendes Ereignis wahrgenommen wird, letztlich auf einzelne, nicht organisierte Täter oder gar einen Zufall zurückzuführen ist. Es fällt schwer zu glauben, daß für das Attentat auf das World Trade Center nur neunzehn Araber, die eben so leidlich fliegen gelernt haben, verantwortlich sind – da muß einfach mehr dahinter stecken!

Und fünftens und letztlich ist einem als Verschwörungstheoretiker ein Publikum fast immer sicher, da aben­teuerliche Thesen natürlich interessanter sind als ganz banale. Und man muß zugeben, daß die Vorstellung einer geheimen Macht, die die Welt an Marionetten­fäden nach eigenem Willen und Belieben tanzen läßt, daß die Realität nicht das ist, als was sie erscheint, einen gewissen Grusel-Faktor und einen hohen Unter­haltungswert hat. Wer mit solchen Erkenntnissen aufwartet, bekommt vielleicht den Vogel gezeigt, aber eines wird er sicher nicht: ignoriert.

Wir sehen: Verschwörungstheorien bedienen ganz einfach menschliche Bedürfnisse, sei es nach Selbst­erhöhung, nach einfachen, monokausalen, einleuchtenden Antworten und letztlich auch nach Unterhaltung; sie sind deswegen in allen poli­tischen Lagern zu finden.

Was sind die Kennzeichen von Verschwörungstheorien?

Verschwörungstheorien sind außergewöhnliche Behauptungen und Denkfiguren, die unter­stellen, daß die Wirklichkeit eine andere ist, als wie sie von den meisten Menschen geglaubt wird. Daß es Verschwörer gibt, die geheime Zielsetzungen verfolgen, die öffentlich nicht zu erreichen wären. Daß es hinter dem, was augen­scheinlich getan und beabsichtigt wird, in Wirklichkeit ganz andere Absichten stehen.

Verschwörungstheorien unterstellen, daß einige wenige die Realität manipulieren und den Rest der Welt heimlich beherrschen, ohne daß das jemand mitbekommt — außer demjenigen, der das alles durchschaut hat. Sie unterstellen ferner, daß derjenige, der von einem Vorgang profitiert, auch derjenige ist, der ihn geplant hat und ihn veranlaßt. Dies ist jedoch ein Fehlschluß, denn dazu sind die betrachteten Vorgänge in der Regel zu komplex, um auf einen einfachen Ursache-Wirkungs-Zusammenhang zurückgeführt zu werden.

Die Beweislage für Verschwörungstheorien ist in der Regel sehr dünn und stammt durchweg aus obskuren Quellen. Für Anhänger von Verschwörungstheorien ist die unzureichende Quellenlage freilich geradezu ein Beweis für die Wirksamkeit und Raffiniertheit der Verschwörung. Verschwörungstheorien wohnt damit eine Selbst­immunisierung gegen Kritik inne. Kritiker sind Teil der Verschwörung, wider­sprechende Daten sind natürlich gefälscht!

Verschwörungstheorien beruhen auf einer raffinierten Auswahl vermeintlicher Indizien, die oberflächlich betrachtet einen Sinn ergeben, weil sie vermeintlich Antworten darauf geben, was einem nicht ohne Grund an der »offiziellen« Darstellung komisch und ungereimt vorkommen mag. Gerüchte, Spekulationen, unbestätigte Berichte angeblicher Zeugen und namentlich nicht benannter und auf ihre Glaubwürdigkeit hin nicht überprüfter »Insider«; Mutmaßungen und Behaup­tungen werden dabei als Tatsachen ausgegeben.

Zuweilen werden auch Umstände als angebliche Beweise angeführt, an denen rein gar nichts ungewöhnlich ist (z.B. daß es auch für Flughafenmitarbeiter Bereiche gibt, die diese nicht betreten dürfen, Bilder von Fässern in Flugzeugen usw.).

Eine vorurteilsfreie Erwägung und Prüfung von alternativen Thesen wird meistens gar nicht erst in Betracht gezogen, und eine kritische Prüfung der vermeintlichen Beweise findet ebensowenig wie eine notwendige Quellenkritik statt. Die Zusammen­stellung der angeblichen Beweise ist höchst einseitig, und es wird nur berücksichtigt, was die These vermeintlich stützt.

Wenn auch Vieles durch gesunde Skepsis zu entzaubern ist, so gibt es auch verschwörungstheoretische Thesen, die zu widerlegen häufig ein Fachwissen erfordert, über das die meisten Menschen nicht verfügen. Auch die vermeintlichen Ungereimtheiten, also Tatsachen, die mit der offiziellen Darstellung scheinbar nicht vereinbar sind, sind meistens ohne das entsprechende Wissen nicht einzuordnen. Wer weiß schon, wie ein Flugzeug­triebwerk funktioniert und ob damit ein chemischer Zusatz im Flugbenzin ausgebracht werden kann? Wer weiß schon ausreichend über Meteorologie Bescheid, um die Behauptungen von »Chem­trail«-Theoretikern (z.B. hier oder hier) prüfen zu können?

Oder ein anderes Beispiel: WTC-Anschlag, das abgestürzte vierte Flugzeug, das angeblich nicht abgestürzt ist und der angebliche Beweis, daß die Absturzstelle gar nicht so aussah, wie die meisten Menschen das Bild eine Absturzstelle vor Augen haben (so sah man in Filmaufnahmen einen großen Krater, aber keine erkennbaren Flugzeugtrümmer. Dies kann einem in der Tat merkwürdig vorkommen).

Häufig liegt die angenommene Absicht der Verschwörer im Bereich des Spekulativen. Fest steht jedoch, daß die Absicht der Verschwörer kriminell oder irrational ist, und nur zu erreichen ist, wenn man sie geheimhält. Anderenfalls bedürfte es keiner Verschwörung. Häufig sind die Verschwörer Organisationen, denen man ohnehin jede Schweinerei zutraut: die US-Regierung, Banken, Groß­konzerne, Geheimdienste.

In der Regel sind Verschwörungstheorien nicht zu widerlegen, da es unmöglich ist, eine Nichtexistenz von etwas zu beweisen. Muß man daher vor den Behauptungen der Verschwörungstheoretiker kapitulieren? Natürlich nicht! Nicht alle Behauptungen sind schließlich gleich wahrscheinlich. Es gibt eine ganze Reihe von Kriterien, anhand deren man die Wahrscheinlichkeit beurteilen kann, ob an einer Verschwörungstheorie etwas dran ist.

»Ockhams Rasiermesser« oder das Sparsamkeitsprinzip

»Ockhams Rasiermesser« ist ein Begriff aus der Wissenschaftstheorie, der besagt, daß bei verschiedenen Erklärungen für einen Sachverhalt die jeweils einfachste vorzuziehen ist. Damit läßt sich zwar nicht beweisen, daß die einfachste Erklärung zutrifft, wohl aber lassen sich Aussagen über die Wahrscheinlichkeit machen.

Niemand macht sich mehr Aufwand, als er unbedingt müßte. Niemand in der Regel macht sich einen unnötig komplizierten Plan, wenn es auch ein einfacher tut.

Daher wäre zunächst mal zu fragen, ob denn das angestrebte Ziel überhaupt einer Verschwörung bedürfte, oder ob nicht das Ziel auf andere Weise viel einfacher zu erreichen wäre (müßte man zum Beispiel Geoengineering, wenn es gegen den angeblich so gefährlichen und bedrohlichen Klimawandel hülfe, denn überhaupt im geheimen durchführen?).

Merke: man braucht keine Erklärung für 100 Mark, wenn auch eine für 50 Pfennig ausreicht!

Beispiel: der Anschlag auf das World Trade Center im Jahre 2001. Die 50-Pfennig-Erklärung für den Einsturz des Gebäudes ist, was vor den Augen der Welt­öffentlichkeit passiert ist: daß ein vollgetanktes Flugzeug hinein­geflogen ist und im Innern rund eine Stunde lang gebrannt hat. Daß dieses Ereignis ein Hochhaus zum Einsturz bringen kann, ist vollkommen plausibel und hinterläßt keinerlei Erklärungslücke. Auch daß ein äußerlich scheinbar unbeschädigtes Nebengebäude mit einstürzt, ist dadurch einfach zu erklären, daß ein einstürzendes Hochhaus durchaus die Fundamente des Nebengebäudes und dessen Standsicherheit zerstören kann. Auch andere angebliche Ungereimtheiten sind wenn nicht durch 50-Pfennig-Erklärungen, so doch welche für eine Mark zu erklären, so man sie in Betracht zieht.

Die 100-Mark-Erklärung wäre: die Gebäude wurden gesprengt, der Anschlag sei nur inszeniert. Nun ist die Sprengung eines Gebäudes, so daß es sauber in sich zusammenstürzt, eine komplizierte und hochspezialisierte Angelegenheit, die wochen-, wenn nicht monatelange Vorbereitung braucht: Träger und Stützen müssen freigelegt, mit Sprenglöchern und Sprengladungen versehen und das Ganze schließlich verkabelt werden — und all das in einem Gebäude, in dem rund um die Uhr Publikumsverkehr von Tausenden stattfindet, und ohne, daß das jemand merkt! Höchst un­wahrscheinlich!

Doch damit nicht genug – es gibt Spezialisten, die behaupten allen Ernstes, es sei ja auch keine gewöhnliche Sprengung gewesen, sondern eine Mini-Atombombe, die man zum in Voraussicht unter dem Fundament der Hochhäuser eingebaut habe. Und die Flugzeuge habe es in Wirklichkeit nicht gegeben. Filmaufnahmen seien samt und sonders gefälscht, Augenzeugen sind – was sonst? – Teil der Verschwörung (hier die Theorie). Nun, es soll hier nicht im einzelnen diskutiert werden, was dafür und was dagegen spricht, die Beispiele dienen allein zur Anschauung, wie ver­schwörungs­theoretische Behauptungen gestrickt sind.

Darüber hinaus gilt: selbst wenn der Terroranschlag — von wem auch immer — »inszeniert« war, so würde es für den zu erreichenden Zweck vollständig ausreichen, das zu veranlassen, was für jedermann sichtbar auch passiert ist, nämlich zwei Flugzeuge jeweils in ein Hochhaus rasen zu lassen — einfach und effektiv! Das Gebäude zusätzlich mit erheblichem Aufwand und dem Risiko der Entdeckung in die Luft zu sprengen ergibt hingegen keinerlei vernünftigen Sinn. (Und dennoch: daß eine Regierung möglicherweise auch Attentate inszeniert oder geschehen läßt, um einen Vorwand für sonst nicht vertretbare Vorhaben zu schaffen, ist gleichwohl nicht grundsätzlich abwegig.)

Clausewitz und die Macht der Friktionen

Wer hat nicht schon erlebt, daß die simpelsten Pläne in die Hose gehen, weil man nicht an alles gedacht hat oder zufällige Ereignisse sie zunichte machen! Was kann allein bei der Planung einer Urlaubsreise schiefgehen! Und je umfassender, größer, komplizierter etwas ist, je mehr Mitwirkende es gibt, je mehr Umstände, auf man selbst keinen Einfluß hat, desto mehr können Störeinflüsse verderben.

Planungsmängel, die sich erst in der Ausführung offenbaren, unzureichende Informa­tionen, falsche Einschätzung des Gegners, ungünstiges Wetter bis hin zur persönlichen Inkompetenz von Beteiligten — das alles sind Einflüsse, die den raffinier­testen Plan zunichte machen können. Die Militärgeschichte ist voll von Beispielen.

Der Militärtheoretiker Carl von Clausewitz sprach von diesen Störeinflüssen von sogenannten »Friktionen«. Jeder noch so geniale Feldzugsplan funktioniert nur bis zum ersten Schuß. Danach machen sich Friktionen bemerkbar, die improvisiertes Handeln erfordern (zum Beispiel verzögerte sich Anfang August 1914 der Vormarsch auf Lüttich, weil die Belagerungsgeschütze nicht durch die belgischen Eisen­bahntunnel paßten).

Verschwörungen sind in der Regel komplizierte Pläne, allein schon deswegen, weil sie geheim sind. Je geheimer ein Plan, je größer, ungeheuerlicher er ist, desto größer ist auch der Ehrgeiz von Gegnern, ihn aufzudecken, zum Beispiel durch Investigativ-Journalisten oder gegnerische Geheimdienste.

Merke: Je mehr Energie und Aufwand jemand in die Verwirklichung eines Plans steckt, desto größer sind auch die Gegenkräfte, die er mobilisiert.

Natürlich ist auch die Geheimhaltung ein erhebliches Problem für sich. Gerade große Pläne erfordern ein Heer von Mitwissern auf allen Ebenen, und jede Verschwörung ist nur so stark wie das schwächste Glied. Man stelle sich allein mal vor, wie viele Mitwirkende und Mitwisser die Realisierung des »Chem­trail«-Projekts erfordern würde! Und alle halten die Klappe oder es fällt ihnen nichts auf? Höchst unwahrscheinlich!

Merke: Wer über ungewöhnliche, geheime Informationen verfügt, hat eine starke Motivation, sie weiterzugeben!

Wo immer es ein geheimes Wissen gibt, da wird es immer einen wie Edward Snowden geben, und keine Macht der Welt kann erfahrungsgemäß jeden davon abhalten, sein Wissen preiszugeben, sei es aus Idealismus, sei es, weil jemand für das Wissen bezahlt.

Auch Verschwörer kochen nur mit Wasser!

Die meisten Verschwörungstheorien überschätzen die Fähigkeiten, Mittel und Möglich­keiten der angeblichen Verschwörer ganz erheblich.

Verschwörer aber müßten wahre Übermenschen sein! Denn sie schaffen es, was sonst kaum irgendwo irgendwem bei weit banaleren Vorhaben gelingt, nämlich: die gesamte Presse zu manipulieren, dafür zu sorgen, daß jeder Mitwisser sein Geheimnis mit ins Grab nimmt, Zugang zu quasi unbegrenzten Ressourcen zu haben, die Wissenschaft gleichzuschalten, es auch mit mächtigen Gegnern aufzunehmen und sogar ganze Staaten nach ihrem Willen handeln zu lassen.

Und das alles soll funktionieren, ohne daß jemand davon Wind bekommt — und ausgerechnet ein paar Hobby-Rechercheure kommen dem Ungeheuerlichen am heimischen Rechner auf die Schliche? Höchst un­wahrscheinlich!

Dies ist, wie gesagt, alles kein schlüssiger Beweis, daß Anhänger einer Verschwörungs­theorien immer daneben liegen. Es gibt aber die Möglichkeit, die Glaubhaftigkeit ihrer Aussagen anhand von Wahrscheinlichkeiten einzuschätzen.

Na und? Ist das nicht alles harmlos?

Man könnte nun geneigt sein, in all dem eine harmlose Skurrilität und Verschrobenheit zu sehen und zu sagen: wenn die Leute an so was glauben wollen, na und, dann laßt sie doch!

Im harmlosesten Fall mag es so sein. Es wäre dann bloß Verschwendung intel­lektueller Anstrengungen und geistiger Ressourcen. Man wird auch meistens daran scheitern, Leute, die viel Fleiß und Energie in die Errichtung ihres Gedanken­gebäudes gesteckt haben, von dessen Baufälligkeit zu überzeugen. Niemand gibt einmal vermeintlich errungenes Wissen gerne auf.

Doch ungefährlich sind irrationale Welterklärungsmodelle deswegen noch lange nicht.

Merke: Verschwörungstheorien können den nüchternen Blick auf die Realität ver­stellen und damit auch verhindern, zweckmäßig und zielgerichtet zu handeln!

Für jemanden, der politisch etwas erreichen will, wäre das tödlich, schon beim Erkennen der Realität zu versagen! Sich als Spielball übermächtiger Aktuere zu deuten, ist eine Selbstverkleinerung und bedeutet eine Beschneidung des eigene Handlungsrahmens. Sich als Opfer einer Großintrige zu sehen, mag ein attraktives Welterklärungsmodell sein, es verneint aber die eigene Verantwortlichkeit. Statt­dessen ist es notwenig, Verantwortung für sein Handeln zu übernehmen und sich seiner Handlungsmöglichkeiten klar zu werden.

Wie gefährlich ein Unfug werden, und welche bösen Folgen er zeitigen kann, das dürften Wahnideen wie beispielsweise die von einer »Jüdischen Weltverschwörung« hinreichend unter Beweis gestellt haben.

Der Große Austausch – auch nur eine Verschwörungs­theorie?

Zugegeben: ein unterstellter Plan, das deutsche Volk abzuschaffen und durch eine entwurzelte multiethnische Mischbevölkerung zu ersetzen — das fühlt sich doch ganz nach der Wolle an, aus der Verschwö­rungstheorien gestrickt sind!

Das Phänomen als solches kann kaum abgestritten werden, auch wenn es regelmäßig als Hirngespinst hingestellt wird: daß wir uns einer Völkerwanderung ausgesetzt sehen, die in geschichtlich kurzem Zeitraum die ethnische Zusammensetzung der Bevölkerung dieses Landes völlig neu gestaltet, so daß es scheon in wenigen Jahren nicht wiederzuerkennen sein wird. Daß das deutsche Volk bei einer gleichzeitigen Reproduktionsrate unter bestands­erhaltendem Niveau zu einer ethnischen Minder­heit im eigenen Land wird, ist bei Andauern dieses Prozesses — und danach sieht es aus! — eine mathematische Gewißheit. Wer mit offenen Augen mit der S-Bahn durch ein beliebiges europäisches Ballungs­zentrum fährt, kann nur noch mit einem erheblichen Maß an ideologischer Blindheit übersehen, was offensichtlich ist: daß sich die ethnische Zusammensetzung der Bevölkerung innerhalb nur eines halben Jahrhunderts von Grund auf verändert hat.

Es stellt sich die Frage: ist dies ein geplanter und gesteuerter oder ein zufälliger Vorgang? Wer hat ihn gewollt? Wer hat ihn gegebenenfalls geplant? Und wozu? Bei der Deutung dessen kann man durchaus auf verschwörungstheoretische Abwege geraten.

Zunächst ist nach der Zielsetzung zu differenzieren: handelt es sich bei der »Umvolkung« um das Ziel an sich? Oder ist das nur eine Bedingung, die in Kauf genommen wird, um ein anderes Ziel zu erreichen?

Nach der ersteren Lesart läßt sich durchaus von einem Verschwörungsmythos ausgehen. Denn der Plan, so er einer ist, erscheint nicht hinreichend ersichtlich begründbar, wenn es allein das ist, was erreicht werden soll. So sei eindringlich davor gewarnt, darin eine verspätete Realisierung des »Hooton«– oder »Kaufman-Plans« zu sehen! Denn: auch wenn es entsprechende Überlegungen gegen Ende des Zweiten Weltkriegs tatsächlich gegeben hat, so muß es dennoch als höchst fragwürdig und zweifelhaft gelten, ob und inwieweit ihre Realisierung damals jemals ernsthaft als Option in Betracht gezogen wurde. Es steht vielmehr als viel wahrscheinlicher zu vermuten, daß solche Überlegungen schon damals nicht mehr waren als abseitige Elaborate von Sonderlingen.

Aus heutiger Sicht reicht ihre damalige Begründung, den Deutschen ihre angeblichen kriegerischen Neigungen auszutreiben, erst recht auf keinen Fall aus. Denn hat sich nicht Deutschland auch so in einen treuen Vasallen der US-Regierung verwandelt? Hat sich nicht die Strategie der Umerziehung nach dem Zweiten Weltkrieg als voller Erfolg erwiesen? Die Deutschen haben sich doch längst mehrheitlich zu pazifizierten, volksvergessenen, sich selbst verachtenden Konsumzombies verwandelt, die selbst ihre eigene Marginalisierung betreiben und ihre Verdrängung beklatschen — wozu bräuchte es da noch einen »Hooton-Plan«? Kurzum: die Sache ergibt aus diesem Sichtwinkel keinen vernünftigen Sinn. Und was noch schwerer wiegt: wenn es denn stimmte, was finge man an mit solch einem Wissen? Es bietet keinen Ansatzpunkt für konkretes politisches Handeln!

Auch übersieht eine solche Deutung, daß der Große Austausch sich nicht gegen das deutsche Volk im besonderen richtet, sondern gegen die Existenz homogener europäischer Völker im allgemeinen.

Einen Sinn ergibt der Vorgang indessen, wenn man ihn als Mittel zum Zweck betrachtet. Letztlich sind die Beweggründe wirtschaftlicher Natur: eine schrumpfende Bevölkerung bedeutet schließlich eine Wachstums­rücknahme, die auf keinen Fall hingenommen werden darf. Unser Wirtschaftssystem braucht aber Wachstum wie der Alkoholiker den Schnaps! Wie haben es schlicht mit der Tatsache zu tun, daß es den Reichen und Mächtigen einer globalisioerten Welt nützt, wenn Kapital, Waren und Arbeitskraft ungebremst von nationalen Grenzen und ungeachtet kultureller Unterschiede frei flottieren kann. Nach der Verwertungslogik des Kapitalismus, der im Menschen nur mehr austauschbare Produzenten und Konsumenten ohne Bindung an Kultur und Heimat sieht, ist es durchaus folgerichtig, das eigene Geburtendefizit — nachdem die Frau umfassend in den Prozeß der Mehrwertschöpfung einbezogen wurde — durch den Bevölkerungsüberschuß der Dritten Welt aufzufüllen. Es ist aus dieser Sicht in der Tat völlig egal, ob der Konsument schwarz oder weiß ist. Damit orrespondierend haben wir eine Regierung, die sich nicht als deutsche Regierung sieht, sondern als Teil einer globalen Elite, und Deutschland als nicht mehr denn als eine beliebige Gebietskörperschaft in einem globalen System mit einer beliebig zusammengesetzten Bevölkerung. Diese Logik trifft sich hier mit linken Ideologien, die für die Verwirklichung ihrer univeralistischen Utopie des »emanzipierten« Menschen jegliche substantielle, überindividuelle Bindungen geschleift sehen wollen. Beide, Neoliberalisten wie Neue Linke, wollen das gleiche: die große, diskriminierungsfreie »eine Welt«. Beide betrachten die Masseneinwanderung als Treibsatz, um etwas vorwärts zu bringen, was sie — wenn auch aus unterschiedlichen Motiven — als Fortschritt sehen.

Daß dies keine Verschwörung ist, zeigt schon der Umstand, daß diese Ziele keineswegs verheimlicht werden, sondern sie sich durch zahllose unterschiedliche Quellen belegen lassen und sich zahlreiche Aussagen von Repräsentanten von Staat, Wirtschaft und Parteien finden, die mehr oder weniger offen aussprechen, dies zu wollen. Aussagen sowohl der radikalen Linken [2] als auch Angehörigen neoliberalistischer Eliten [3, 4] korrespondieren auf oft verblüffende Weise.

Es ist auch historisch belegbar, daß es eine oft angewandte Taktik der Herrschenden war, eine Krise bewußt zu verschärften [5], um als angebliche Abhilfe Maßnahmen durchzusetzen, die nicht durchzusetzen gewesen wären, wenn sie hätten demokratisch legitimiert sein müssen. Wir sehen diese Strategie auch, wo durch den Euro und seine »Rettung« unumkehrbare Fakten auf dem Wege zur Erzwingung einer politischen europäischen Einigung geschaffen werden sollten. Dies alles braucht kein obskures Geheimwissen, sondern ist aus frei zugänglichen, unter­schiedlichsten und überprüfbaren Quellen zu erschließen (gerade kürzlich wurde wieder hier und hier deutlich gemacht, daß die ethnische Minorisierung der Deutschen für unsere Eliten ein erstrebenswertes Ziel darstellt).

Es wäre freilich eine Verengung, einen solchen Vorgang als etwas zu sehen, das als Plan von irgendeiner Zentrale, dort von einigen wenigen erdacht und zur Ausführung gebracht wird. Die Realität sieht eher so aus, daß verschiedene Akteure aus verschiedenen Beweggründen ihre Interessen verfolgen und sich in einem Punkt treffen.

Zusätzlich mögen auch geostrategischen Überlegungen der USA nicht ganz auszuschließen sein, um Europa zu schwächen. Hier ist allerdings zu bedenken: auch die USA sind nicht allmächtig; zwischen Erwägen, Wollen, Können und erfolgreichem Tun steht da oft eine gewaltige Kluft. Zum anderen übersieht die These einer Verschwörung schlicht, daß in den USA die politische Macht eher dezentral verteilt ist, mit zum Teil konkurrierenden Institutionen und Geheimdiensten, die einander nicht die Butter aufs Brot gönnen. Die Realität der US-Politik ist eher geprägt davon, daß man es gerade einmal mit Ach und Krach schafft, sich auf eine gemeinsame Linie zu verständigen, als daß es das Machtzentrum gäbe, das nötig wäre, um in der Welt allerlei teuflische Pläne umzusetzen. So bietet das weltpolitische Wirken der USA auch mehr das Bild eines imperialistischen Dilettantismus als das eines ausgefeilten Plans zur Erringung der Weltherrschaft – was allerdings auch nicht weniger Anlaß zur Besorgnis bietet.

Wer sonst noch daran mitwirkt — linksextremistische Deutschlandhasser, »We love Volkstod«-Irre [6] oder naive Gutmenschen, die tatsächlich meinen, etwas Menschenfreundliches zu bewirken — sind ebenfalls nicht Teil einer Verschwörung, sondern spielen in diesem Spiel nicht mehr als die Rolle der nützliche Idioten. Und zu guter Letzt, aber nicht als geringstes, sind ganz banale Beweggründe zu nennen wie: materielle Gier und Machtstreben.

Darüber hinaus würde die Betrachtung unter Verschwörungsgesichtspunkten den Blick auf einen wichtigen Punkt verstellen: den eigenen Beitrag, den wir als Volk dazu leisten. Hier ist die Untergrabung der eigenen geistig-moralischen Fundamente zu nennen, zu der uns niemand von außen zwingt. Hier sind die zersetzenden Ideologien der Moderne zu nennen, die durchaus auch auf unserem eigenen Mist gewachsen sind. Da sind ein Selbsthaß und ein Ethnomasochismus festzustellen, den wir selbst kultivieren. Hier ist ein Hedonismus zu nennen, die einen Verzicht auf Kinder einem Verzicht auf materiellen Wohlstand und Konsum vorzieht. Dies alles sind Dinge, zu denen uns kein Verschwörer der Welt nötigt.

Somit ist letztlich die Schlußfolgerung zu ziehen: Der Bevölkerungsaustausch ist kein Zweck, sondern ein Mittel, um bestimmte politische und wirtschaftliche Ziel­vorstellungen zu verwirklichen. Er ist als politischer und ideologischer Vorgang aus der dem Kapitalismus und Liberalismus innewohnenden Systemlogik sowie aus den Ideen der politischen Linken hinreichend erklärbar, so daß es des Wirkens finsterer intriganter Mächte, die sich gegen uns verschworen haben, nicht bedarf.

Anmerkungen

[1] Eine Auswahl und Vorstellung solcher Netzwerke findet sich in Kaiser/Wegner: Transatlantische Netzwerke, Sezession Nr. 72

[2] Nach wie vor verfolgt die radikale Linke die Schaffung eines »neuen Menschen«, dessen Erscheinen ein neues Zeitalter einläuten werde. Die Migrantenströme sind dabei nur Mittel zum Zweck, um die verhaßte bürgerliche Gesellschaft zu zerstören. »Die mobile Menge muss eine globale ›Staatsbürgerschaft‹ erlangen. Der Widerstand der Menge gegen die Unterjochung – der Kampf gegen die Sklaverei, einer Nation, einer Identität, einem Volk anzugehören, und damit der Desertion aus der Souveränität und den Beschränkungen, die sie der Subjektivität auferlegt – ist vollkommen positiv. Nomadismus nd Vermischung erscheinen hier als Tugenden, als die ersten moralischen Praktiken auf dem Terrain des Empire. Aus dieser Sicht bricht der objektive Raum der kapitalistischen Globalisierung zusammen.[…] Die heutige Betonung des Lokalen kann rückschrittlich und sogar faschistisch sein, wenn sie sich der Zirkulation und Vermischung widersetzt, und somit die Mauern von Nation, Ethnizität, Rasse, Volk und ähnlichem verstärken. […] Durch Zirkulation entsteht eine gemeinsame menschliche Spezies, ein bunter Orpheus mit unbegrenzter Macht; durch Zirkulation entsteht die menschliche Gemeinschaft. […] Als die wahren Helden der Befreiung der Dritten Welt dürfen heute die Emigranten und die Bevölkerungsströme gelten, die alte und neue Grenzen zerstört haben. Und so ist denn der postkoloniale Held derjenige, der fortwährend territoriale und rassische Grenzen überschreitet, der Partikularismen zerstört und auf eine gemeinsame Zivilisation verweist.« Hardt/Negri: Empire, Die neue Weltordnung

[3] Es sei auf den EU-Kommissar Frans Timmermans verwiesen, der in einer Rede forderte, daß jedes Land sich der »Diversity« zu unterwerfen habe.

[4] Ist esnicht merkwürdig, wenn Linksradikale und ein amerikanischer Milliardär das Gleiche wollen? Vgl. https://www.opensocietyfoundations.org ; http://www.wiwo.de/politik/europa/plan-von-george-soros-vorteile-der-zuwanderung-ueberwiegen-die-nachteile/13900490-6.html

[5] Vgl. Naomi Klein: Die Schock-Strategie

[6] Stellvertretend sei hier der Autorassist Michael Bittner genannt.

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